Fragt man einen Baja-Kenner nach den schönsten Landschaften auf der Halbinsel, so wird er nicht lange zögern und das Gebiet um Cataviña sicher ganz oben auf die Liste stellen.
Für den wahren Liebhaber beginnt der aufregende Teil der Baja – von Norden her kommend – erst südlich des küstennahen Städtchens El Rosario, da wo die Straße von der Küste ins Landesinnere abbiegt. Schon bald versteht man warum: es ist eine einsame Landschaft; der Reisende findet keine Strände und blaues Meer, keine Äcker und Weiden, wohl aber bizarre Steinformen und die skurrilsten Pflanzen, die man sich vorstellen kann.
Cataviña liegt mitten in der Zentralwüste Baja Californias, der sogenannten Desierto Central. Eine Ansammlung aus wenigen Häusern, ein kleiner Lebensmittelladen, dazu das bequeme La Pinta Hotel (mit eigener kleiner Tankstelle), ein kleines sehr einfaches Motel und die Campingmöglichkeit auf der nahegelegenen Rancho Isabel. Die nächstgelegenen Ortschaften erfordern schon längere Fahrstrecken: in Richtung Norden 122 km bis El Rosario und 356 km bis nach Guerrero Negro im Süden. Früher war hier die Welt zu Ende, Mulis und nur sehr robuste Allradfahrzeuge die einzigen langsamen Transportmittel. Erst seit 1970 ist Cataviña auf der durchweg asphaltierten Transpeninsular (MEX-1), der Verkehrsachse Baja Californias bequem zu erreichen.
Der gesamte Landstrich aber ist als Parque Natural del Desierto Central de Baja California geschützt. Die exotische Vegetation erreicht hier ihren Höhepunkt und macht die Desierto Central für botanisch Interessierte zu einem Leckerbissen. Hier gedeihen die Cirio- oder Boojum-Pflanzen, die wie gigantische Möhren mit kurzen Seitentrieben aussehen und bis zu 400 Jahre alt werden sollen; ebenso die mächtigen Cardón-Kakteen. Beide Gewächse erreichen bis 20 m Höhe und sind nur auf der Baja zu finden. Sie thronen über einem Arrangement vieler weiterer fremdartig anmutender Wüstenpflanzen, wie den bizarren weißstämmigen Torote- oder Elefantenbäumen, den Ocotillos mit ihren peitschenförmig dünnen nach oben gereckten Ästen, den genügsamen Kreosotbüschen, den Jojobabüschen, den Chollas, Opuntien, Senitas und Dutzenden weiterer Kakteenarten. In den ausgetrockneten Flusstälern, den Arroyos, findet man die endemischen Blaupalmen und die Palma Colorada neben den eingeführten Tamarisken. Schon kurze Regenschauer zaubern im Frühjahr und in den Sommermonaten ein buntes Blütenmeer in diese ausgedörrte Landschaft und lassen das Wort „Wüste“ völlig fehl am Platz erscheinen.
Aber nicht nur das. Die Vegetation ist eingebettet in riesige, lachsfarbige Granitfelsen, Rest eines durch die Verwitterung freigelegten, gespaltenen und abgerundeten Tiefengesteinskörpers. Die gesamte Landschaft erweckt den Eindruck als wäre sie von Riesenhänden gestaltet worden. In diesem natürlichen Steingarten, dem Cataviña Boulder Field, sind Streifzüge oder Wanderungen von beliebiger Länge ein Genuss; so z. B. die Umrundung des Ortes mit Besuch der Ruinen des Rancho Hernández und der Felszeichnungen in der Cueva Pintada. Allerdings ist für mehrstündige Ausflüge stets die Hilfe eines Führers und ein früher Start anzuraten. Zudem sollte man größere Unternehmungen nicht in den Monaten Mai bis September planen; die Hitze ist dann unerträglich. Unvergleichlich schön sind die Sonnenauf- und ‑untergänge, die mit einem Panorama der unwirklichsten Farben im meist wolkenlosen Wüstenhimmel brillieren.